Pfeil-Nurflügel
Rumba

Daten

Spannweite:
Pfeilung:
Verwindung:
Flächeninhalt:
Gewicht:
Profil:
Flächentiefe:
Antrieb:

1960 mm
13 Grad
3 Grad
ca. 60 qdm
ca. 1220 g
MH-60
30 cm
Typhoon micro 15/13 bürstenlos, Jeti eco 25, Prop 28x20 cm, 3 Lipolis 1900mAh

Plan

(Auf die Zeichnung klicksen, dann öffnet sich ein PDF.)

Konzept

Rumba sollte Nachfolger und Weiterentwicklung meines guten alten Flamencos werden. Dieser hat im Laufe der Jahre als Testplattform gedient und musste dadurch viele Umbauten über sich ergehen lassen. Die gewonnenen Erfahrungen sollten in einem neuen Flieger zusammengefasst werden. Es kam jedoch anders.

Der neue Flieger sollte:

Der Plan vom Flamenco wurde zunächst auf knapp 2 m Spannweite vergrößert, bei durchgehender Profiltiefe von 30cm. Ursprünglich wollte ich wieder ein S-Schlag-Profil für Bretter verwenden. Der Computer meinte jedoch, wenn ich die Pfeilung nur wenig erhöhte, würde bei der sowieso geplanten Verwindung auch ein Profil mit neutralem Momentenbeiwert für ausreichende Stabilität um die Querachse sorgen. Also wählte ich das MH-60, mit dem ich bereits beim Condor sehr gute Erfahrungen gemacht hatte. Somit ist der Flieger in die Kategorie der Pfeil-Nurflügler einzusortieren.

Und um es gleich vorweg zu nehmen ...
Frage: Wenn das eine Pfeilkonstruktion ist, warum hat sie keine Winglets?
Antwort: Weil statt dessen der Rumpf hinten eine Flosse hat.
Nachfrage: Ist das nicht aerodynamisch ungünstiger?
Antwort: Ja, aber dadurch habe ich einen praktischen Flieger, der nur aus drei Teilen besteht.

Tja, so ist das manchmal. Man bekommt nicht immer alles, was man gerne haben möchte.

Bauweise

Bauzeit: September 2015 - April 2016, Neubau der Flächen: Januar - April 2017

Der Baufortschritt lässt sich leicht aus den Bildern erkennen. Begonnen habe ich mit der Tragfläche. Wer sich jetzt fragt, ob der Bau von Fliegern aus Holz immer so langwierig ist: Nein, ist es nicht. Es liegt daran, dass ich in der Bauzeit nur am Wochenende ein paar Stündchen Zeit zum Basteln hatte. Außerdem war ich zwischen November und Februar mit etwas anderem beschäftigt. Und es eilte nicht. Erstflug war für Frühjahr 2016 angepeilt. Wer den Flieger eventuell nachbauen möchte, sollte dringend einen zweiten Steckungsstab gleich zu Beginn vorsehen, so wie weiter unten bei "Minimal-invasiv" beschrieben.

Erstflug

2. Mai 2016. Sonnig. Warm. Leichter Wind aus Nord. Eine ausreichend große Wiese. Schwerpunkt leicht nach vorne gelegt. Ruder leicht hochgestellt. Rumba verlässt mit laufenden Motor meine Hand und steigt schnurgerade in den Himmel. Es waren keinerlei Korrekturen notwendig. Einen so problemlosen Erststart hatte ich noch nie erlebt. In Sicherheitshöhe Motor aus und leichte Kreise probiert. Passt soweit alles. Rumba fliegt, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Beim zweiten Steigflug macht jedoch der Motor schlapp. Eine ungeplant frühe Landung war angesagt - ohne Durchstartmöglichkeit. Mit etwas Überfahrt setzt Rumba sanft und ebenfalls schnurgerade kurz vor dem Ende der Wiese auf.

Nach erfolgreichem Erstflug.

Testflüge

An den beiden Tagen nach dem Erstflug war der Sommer ausgebrochen. Bei insgesamt 7 Starts und 6 Landungen gab es, außer einem ärgerlichen Zwischenfall, keine Besonderheiten. Noch ohne Variometer unterwegs, konnte ich zweimal in der Thermik so richtig Höhe machen. Bussarde zeigten mir den Weg. Einer kreiste noch in so großer Höhe, dass ich zur Sicherheit den Fahrstuhl schleunigst wieder verließ. Fliegt man immer langsamer, wird das Verhalten schwammig, bis, bei voll gezogenen Höhenruder, die Nase nach unten nickt. Kein Abschmieren über die Fläche! Schnellflug ging sehr schnell in Flattern über. Rückenflug geht. Dazu kurz Fahrt aufnehmen und voll Höhe ziehen. Mit mäßig gedrückten Höhenruder geht es dann auf dem Rücken weiter. Zurück in den Normalflug mit kurz mal Höhe ziehen. Rollen habe ich zweimal probiert und dann aufgegeben. Geht nicht! Überrascht hat mich, dass die Widerstandsruder am Flächenende keinerlei (!) Wirkung zeigen. Ansonsten ist die Wendigkeit gut - nicht ganz so gut, wie Flamenco, aber das war zu erwarten. Auch so fliegt sich Rumba ganz ähnlich wie Flamenco, wobei die Flugleistungen besser scheinen - gerade auch der enorme Gleitwinkel im Landeanflug.

Ein 8 mm Kohlefaserstab als Ersatz für das Kohlefaserrohr als Steckung behob zunächst das Flatter-Problem. Um den Schwerpunkt an die vorgesehene Stelle zu bekommen, musste der Akku bis unter die Steckung geschoben werden. Trimmt man die Ruder in den Strak wird Rumba giftig und will stets in den Sturzflug. Also flog ich weiterhin mit 3 mm angehobenen Rudern. Vielleicht wäre ein Profil mit mehr S-Schlag doch besser gewesen? Für die Thermikflüge hatte ich das Variometer provisorisch auf den Zwischenboden zwischen Akku und Motor geklettet. Flüge mit Variometer an einem bedeckten Tag brachten bereits Ergebnisse, die hoffen ließen. Und als dann ein Tag mit Thermik begann, freute ich mich auf den ersten langen Flug in den Aufwinden. Doch es sollte anders kommen...

Frontalcrash

Seit über 20 Jahren fliege ich Thermik und habe Bussarde als liebenswerte Geschöpfe kennen gelernt - neugierig, verspielt, friedlich. Oft haben wir uns gegenseitig gezeigt, wo Thermik ist und sind gemeinsam im Aufwind gekreist. An jenem Tag im Mai war jedoch alles anders.

Mittagszeit. Beginnende Thermik. In 170 m Höhe Motor aus und auf Thermik gehorcht. Ja, noch schwach, aber vorhanden. Sauber kreisen und steigen, manchmal wieder suchen. Auf 260 m war ich dann nicht mehr alleine. Zwei Bussarde kreisten mit mir im Aufwind, in großer Höhe stand ein dritter. Plötzlich kam mir einer entgegen, es gab einen dumpfen Schlag und als das Knäuel sich wieder entwirrte, bestand Rumba aus 3 Teilen. Die Bussarde flogen weg, irgendetwas fiel schnell (der Akku, wie ich später feststellte), der Rumpf torkelte erstaunlich langsam nach unten, die Flächenhälften rotierten noch langsamer zu Boden. Problemlos fand ich Rumpf und eine Flächenhälfte ca. 150 m entfernt am Boden. Sie lagen etwa im Abstand von 20 m auseinander. Im Umkreis vom Rumpf fand ich Akku, beide Kabinenhauben und sogar den Steckungsstab aus der linken Tragfläche. Die Suche nach der rechten Flächenhälfte dauerte länger. Ich fand sie in den unteren Ästen eines Baumes (Rumbas Affinität zu Bäumen macht mir langsam Sorgen.) und konnte sie dank Bergungsgerät herunter schütteln.

Vermutlicher Hergang:

Darüber, wie der eigentliche Zusammenstoß ablief, lässt sich nur spekulieren. Viel kann der Bussard nicht abbekommen haben, denn beide Bussarde flogen anschließend weg. Das Steckungsrohr der linken Tragfläche ist nach hinten herausgefetzt, hat dabei die Wurzelrippe zertrümmert und sogar den unteren Holm weggebrochen. Daraufhin muss der Flieger nach links gekippt sein, worauf sich der Rumpf aus der rechten Tragfläche ausgefädelt hat. Der eingeklemmte Akku hat den Rumpf nach vorne oben verlassen. Dabei hat er das Variometer nach vorne gedrückt, wobei sich dessen Kabel löste, und hat dann die Verriegelung der Kabinenhaube weggebrochen. Ob das bereits beim Aufprall passiert ist, oder ob er später herausgerutscht ist, lässt sich nicht sagen. Im freien Fall, mit Anschlusskabel als Stabilisation hinter sich herziehend, ging es dann nach unten bis zum senkrechten Einschlag. So steckend habe ich ihn dann gefunden. Der somit erleichterte Rumpf brauchte eine Weile, bis er den Boden erreichte. Als letztes kamen die Flächenteile an.

An der Nase der rechten Tragfläche, die ansonsten unbeschädigt ist, gibt es fast ganz außen eine scharf eingedrückte Stelle, die ich mir nicht erklären kann. Bei der Landung im Baum kann diese nicht entstanden sein. Mit so viel Kraft schlägt die leichte Tragfläche nicht ein, das wusste ich von der vorhergehenden Baumlandung. Ist das vielleicht der Abdruck eines Bussardschnabels? War es ein Angriff oder ein Versehen?

Neuanfang

Der Neubau der Flächen erschien mir auf die Dauer am sinnvollsten. Dabei konnte gleich die Flächenwurzel verstärkt werden und auch auf die wirkungslosen Widerstandsruder habe ich verzichtet. Es wurde ein Projekt über den nächsten Winter. Den Sommer 2016 flog ich weiter mit Flamenco und Brett und hielt mich von Bussarden fern.

Im April 2017 waren die Flächen pünktlich zur warmen Jahreszeit fertig. Leider verhinderte eine schwere Krankheit den zweiten Erstflug bis in den Juni. Es gab keine Überraschungen bei den Testflügen. Einem regulären Flugbetrieb steht damit nichts im Wege.

Wieder Flatter-Probleme

Rumba erwies sich als leistungsfähiger Thermiksegler. Böigen Wind mag sie nicht, aber das Kreisen in der Thermik ist ein Genuss. Ortswechsel klappen mit zügiger Fahrt, ohne dass starker Höhenverlust befürchtet werden muss. Die guten Flugeigenschaften bewogen mich, sicherere Abstiegsmöglichkeiten aus zu starker Thermik zu proben. Schnellflug auf dem Rücken ist das Mittel der Wahl, wenn man keine Abstiegshilfen in der Tragfläche hat. Bei einer dieser Übungen passierte es dann. Im Schnellflug flatterte es wieder! Eigentlich hätte ich danach vorgewarnt sein müssen. Ein Abschwung aus dem Rückenflug in die Normalfluglage bei mäßiger Geschwindigkeit zerlegte den Flieger dann in drei Bestandteile. Den Anblick des fallenden Rumpfes und der langsam nach unten propellierenden Flächenhälften kannte ich bereits vom Zusammenstoß mit dem Bussard. Diesmal gab es jedoch keine "Fremdeinwirkung".

Schadensbilanz: Flügel unbeschädigt, Rumpf leicht beschädigt, reparierbar. Als Ursache ermittelte ich den Bruch des Steckungsstabes! Zur Erinnerung: Es handelt sich um einen 35 cm langen Kohlefaserstab mit 8 mm Durchmesser! Man stelle sich bitte die Kräfte vor, die notwendig sind, um so etwas zu brechen!

Danach ich zunächst etwas ratlos. Klar, der Schaden war schnell repariert und Rumba bald wieder flugbereit. Aber wie verhindere ich eine Wiederholung des Desasters? Offensichtlich ist die Flächenwurzel mit der Steckungsaufnahme jetzt robust genug, denn es ist ja der Steckungsstab gebrochen, wie es bei Überlastung sein soll. Warum flattert die Fläche im Schnellflug? Wenn Schnellflug riskant ist: Wie steige ich aus starker Thermik aus?

Minimal-invasiv

Seit der Reparatur habe ich Rumba leider nur selten geflogen. Die Flatter-Neigung und die gefühlt nicht ausreichende Bruchstabilität der Steckung hielten mich zurück. Eigentlich schade. Anfang Juni 2023 entschloss ich mich endlich, einen zweiten Steckungsstab einzuziehen, um zumindest das zweite Problem zu entschärfen. Dabei sollte an der Tragfläche möglichst wenig "kaputtgemacht" werden. Für das einzuharzende Steckungsrohr waren die Wurzelrippe und die zweite Rippe zu durchbohren. Die dritte Rippe (die letzte vor dem offenen Teil) sollte nicht durchbohrt werden müssen. Dort war an deren Innenseite (also noch im beplankten Teil) eine Aufnahme für das Ende des Steckungsrohrs anzubringen. Alles musste sehr genau passen. Die zweite Steckung muss möglichst parallel zur vorhandenen verlaufen, damit sich die beiden Tragflächenteile ohne zu klemmen zusammenschieben lassen. All das rief nach einer cleveren Bohrvorrichtung. Durch den Bau des Lootsenbootes habe ich gelernt, dass es für kniffelige Aufgaben am besten ist, wenn man sich Vorrichtungen überlegt. Fräs- und Drehmaschine(n) stehen inzwischen zur Verfügung, also los! Für eine genaue Beschreibung möge man sich durch die kleine Bildergalerie unten klicken. Unter jedem Bild gibt es eine ausführliche Erläuterung.

Das Ergebnis ist nahezu perfekt. Die Tragflächenhälften gleiten sanft zusammen. Auch ein Probeflug verlief erfreulich ereignislos. Wieder einmal war ich überrascht über problemlosen Handstart und Steigflug, trotz nicht ganz einfachen Wetters. Rumba steigt wie auf Schienen weg. Und jetzt, da mir kaum noch Sorgen machen muss, dass sich Rumba bei ruppigen Manövern in der Luft zerlegt, kann ich den Flieger endlich so einsetzen, wie er ursprünglich konzipiert war.